Gasthäuser und Feste
FESTE UND BRAUCHTUM
Tradition ist die Bewahrung des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.
Gustav Mahler
Die Traditionen und Brauchtümer in Leithaprodersdorf waren und sind teilweise noch immer vom bäuerlichen und kirchlichen Lebensbereich beeinflusst und orientieren sich daher sehr am landwirtschaftlichen Arbeits- und am Kirchenjahr.
Feste und Traditionen der Vergangenheit
So brachte in früheren Zeiten der Herbst, sobald alle Erntearbeiten erledigt worden waren, mehr Zeit für die eigene Familie. Viele Traditionen sind bis heute erhalten geblieben.
Von den ersten Nachkriegsjahren bis Mitte der 1950er Jahre wurde von den Burschen des Ortes nach Beendigung der Weinlese das sogenannte „Weinlesefest“ veranstaltet. Dabei zog man mit geschmückten von Ochsen oder Pferden gezogenen Wägen und von Musikanten begleitet durch das Dorf. Die Burschen und Mädchen schenkten Sturm aus, der zuvor von verschiedenen Betrieben gespendet und in einem Fass gesammelt worden war. Zur Belustigung der Gäste spielten einige Burschen Persönlichkeiten des Dorfes, wie Bürgermeister, Weingartenwächter, Arzt oder Richter nach. So mancher Gast wurde von ihnen „bestraft“. Am Abend wurde schließlich bei Musik und Tanz in einem Gasthaus weitergefeiert. Dabei wurde auch die beim Umzug mitgeführte Weintraubenkrone versteigert. Sie musste aber im Vorfeld bewacht werden, da es Brauch war diese im Vorfeld „zu stehlen“.
Vor Beginn des Advents wurde in der Vergangenheit unter dem Motto „Kathrein sperrt die Musi ein“ zum „Kathreintanz“ geladen. Diese Veranstaltung bildete die letzte Möglichkeit zum ausgelassenen Feiern vor der ruhigen Adventzeit.
Die Zeit des Advents wurde auch für das sogenannte „Federnschleißen“ genutzt, bei dem Frauen und Mädchen Federn vom Kiel trennten, um sie später als Füllung für Tuchenten und Pölster verwenden zu können. Dabei wurde viel geplaudert und getratscht. Den Abschluss bildete der „Federnzipf“, bei dem die Helferinnen mit Kaffee, Kuchen und einer Jause entlohnt wurden.
Mit einem Tanz am Silvesterabend wurde das alte Jahr beendet, damit am nächsten Tag das neue beginnen konnte. Am Neujahrstag wurde, und wird teilweise immer noch, zum neuen Jahr Glück gewünscht. Dabei besucht man Verwandte, um ihnen Glück zu wünschen. Kinder bekommen dabei ein wenig Geld für ihre Glückwünsche.
Alte Traditionen, die noch immer gelebt werden, sowie „neue“ Feste:
Zu Allerheiligen findet jährlich der „Friedhofsgang“ statt, bei dem mit einer Andacht und der Gräbersegnung der Verstorbenen gedacht wird. Auch das Verschenken eines Allerheiligenstriezels an Familienmitglieder und vor allem Taufkinder ist noch in vielen Familien Tradition.
Zu Weihnachten bildet die Mitternachtsmette den Höhepunkt des Heiligen Abends.
Um den 6. Jänner herum besuchen Ministranten, als Heilige Drei Könige verkleidet, die Haushalte des Dorfes. Sie segnen die Häuser und sammeln Geld für Bedürftige.
In der Zeit danach bis zum Aschermittwoch wird die Faschingszeit auf Bällen und Faschingsveranstaltungen gefeiert. In den letzten Jahren hat sich dabei die Aufführung von verschiedenen Sketches durch die Leithaprodersdorfer Theatergruppe etabliert.
Den Beginn der Fastenzeit bildet der Aschermittwoch, an dem im Zuge eines Gottesdienstes ein Aschenkreuz auf die Stirn der Gläubigen gezeichnet wird. Während der Fastenzeit wird sonntäglich im Zuge einer Kreuzwegandacht des Leidenswegs Jesu gedacht.
Mit der „Palmkatzerlweihe“ am Palmsonntag beginnen die Feierlichkeiten der Karwoche. Die geweihten Palmkätzchen werden bei der Jagenbreinkapelle geweiht und nach dem Gottesdienst in der Kirche auf die Felder gebracht, um diese vor Krankheiten und Wetterkapriolen zu schützen.
Von Gründonnerstag bis Karsamstag übernehmen die „Ratschenbuam“ das „Zusammenläuten“.
Am Karfreitag wird der Kreuzigung Jesu gedacht. Am Karsamstag werden am Nachmittag Osterschinken, Osterflecken und Ostereier gesegnet, damit sie am Abend verspeist werden können. Am späteren Abend wird in der Pfarrkirche schließlich die Auferstehung Jesu gefeiert. Zuvor werden Holzscheiter geweiht. Diese wurden in der Vergangenheit auf die Felder gebracht. Sie sollten vor dem „Brandigwerden“ des Getreides schützen.
Am Morgen des Ostersonntags treffen sich Frauen und Mädchen des Ortes zum sogenannten „Ostergang der Frauen“. Dieser soll an den Gang der Frauen zu Jesu Grab erinnern.
„Der Emmausgang“ lässt viele Bewohner Leithaprodersdorfs am Ostermontag nach Loretto pilgern. Diese Wallfahrt wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zur Tradition. Sie wurde zum Gedenken an die Zeit des Weltkrieges und zur Danksagung für das Überleben ins Leben gerufen.
Mit dem Markustag am 25. April beginnen die sogenannten Bitttage. Hierbei werden Gottesdienste in Feldern gefeiert und Gebete für günstige Wetterbedingungen für die Landwirtschaft abgehalten.
Auch die Dankprozession zur Dreifaltigkeitskapelle ins Leithagebirge findet noch jährlich statt. Die Wurzeln dieser Prozession gehen bis zur Zeit der Türkenbelagerung von 1683 zurück. Zur Danksagung wurde hier von Leithaprodersdorfer Familien im 18. Jahrhundert eine Kapelle errichtet.
Auch das Fronleichnamsfest wird mit einer Prozession gefeiert. Dafür wurden in der Vergangenheit die Straßen und Häuser geschmückt und brennende Kerzen in die Fenster gestellt. Heute findet nur mehr eine verkürzte Prozession statt.
Im Frühjahr haben sich in jüngster Vergangenheit einige weitere Feste ohne religiösen Hintergrund etabliert. Den Reigen beginnt der Pfingstheurige der Pfarre Leithaprodersdorf. Dieser wird alljährlich im Pfarrhof am Pfingstwochenende veranstaltet.
Der Singkreis lädt meist im Mai oder Juni zum „Frühlingsfest“, bei dem musikalische Unterhaltung und kulinarischer Genuss geboten werden.
Einen Höhepunkt der Feste im Juni stellt das „Wiesenfest“ des Sportvereins dar. Dieses wurde ursprünglich an zwei Wochenenden als Zeltfest gefeiert. Der Mittwoch der entsprechenden Woche wurde ebenfalls für eine Veranstaltung genutzt.
In den August fällt das Kirchweihfest der Gemeinde, der Kirtag. Dieses Fest wird zu Ehren der Kirchenpatronin Maria Magdalena gefeiert und müsste deshalb eigentlich im Juli stattfinden. Da diese Zeit aber in der Vergangenheit als Haupterntezeit des Getreides galt, wurde der Kirtag auf den ersten Sonntag im August verschoben. Seit vielen Jahren wird dieses Fest, das ursprünglich in den Gasthäusern der Gemeinde gefeiert wurde, nun von der Freiwilligen Feuerwehr veranstaltet und findet im Feuerwehrhaus statt.
Zum Kirtag gehört heute auch der traditionelle „Kirtagmontag“, an dem sich viele Leithaprodersdorfer frei nehmen, um gemeinsam den Kirtag ausklingen zu lassen. Am Nachmittag findet an diesem Tag das „Blodanschwimma“ der Leithaprodersdorfer Frauen statt. Dabei lassen sich die Teilnehmerinnen mit Hilfe einer „Blodan“ (einer Luftblase, die man mittels eines weiten Rockes erhält) die Leitha hinuntertreiben.
Auch im Herbst werden Feste gefeiert. So veranstaltet der Sportverein an einem Wochenende im September das Oktoberfest am Sportplatz.
Ein kirchliches Fest mit bäuerlichem Hintergrund ist das Erntedankfest, das ebenfalls noch in der Pfarrkirche gefeiert wird. In der Vergangenheit wurde von der katholischen Jugend am Vorabend des Festes die Erntekrone geschmückt, welche dann am Tag des Festes gesegnet und von der Jagenbreinkapelle in die Kirche getragen wurde.
Der Weinbauverein lädt nach Vollendung der Weinernte seit einigen Jahren an einem Sonntagnachmittag im Oktober zum „Weinherbst“ in die Weingärten ein, wo man noch die letzten herbstlichen Sonnenstrahlen bei einem guten Glas Sturm genießen kann.
Quellen:
Siffert Martin, „750 Jahre Leithaprodersdorf“, Marktgemeinde Leithaprodersdorf
Interviews mit Zeitzeugen
Gasthäuser – Orte des gemütlichen Beisammenseins und Feierns
„Ich liebe die öffentlichen Orte nicht; ich geh‘ daher auch gewöhnlich immer nur in die Wirtshäuser, wo ich zu Haus‘ bin.“
Johann Nepomuk Nestroy
Gasthäuser sind wichtige Gemeinschaftseinrichtungen eines Dorfes. Sie bieten Möglichkeiten des Zusammentreffens, des persönlichen Austauschs und des Feierns.
Die Gasthäuser in Leithaprodersdorf entwickelten sich auch zu wichtigen Einrichtungen für örtliche Vereine. So war das Gasthaus Bauer für viele Jahre Clubhaus des Sportvereins, das zu Beginn des Vereins auch Umkleidemöglichkeiten für die Spieler bot, des Musikvereins, der den Betrieb für die wöchentlichen Proben nutzte, und natürlich für den 1983 gegründeten Kegelverein (ab 1991 SKC), der auf der Kegelbahn des Gasthauses trainierte und Meisterschaften veranstaltete.
Das Gasthaus Liszt war bis zu seiner Schließung Probelokal für den Singkreis Leithaprodersdorf.
Die Leithaprodersdorfer Gasthäuser beherbergten auch „Sparvereine“, die wie das Gründungsstatut des Sparvereins „Biene“ von 1930 beschreibt, dazu anregen sollten „den Sparsinn seiner Mitglieder anzuregen“ bzw. „den Mitgliedern durch geleistete Einzahlungen ein Kapital zu schaffen“.
Die Aktivität von „Sparvereinen“ in den Gasthäusern wurde nicht nur dafür genutzt um Geld anzusparen, sondern auch um sich beim wöchentlichen „Einzahlen“ mit anderen zu treffen und gemütlich bei einem Getränk zu plaudern. Diese Vereine stellten eine Kasten bei einem Gastwirten zur Verfügung, in dem Mitglieder Geld einzahlen konnten. Dieses Kästen wurden einmal pro Woche entleert und das Geld auf die Bank gebracht. Am Ende des Jahres folgte im entsprechenden Gasthaus die Auszahlung des angesparten Geldes bei einem gemütlichen Mittagessen.
In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gab es in Leithaprodersdorf noch vier Lokale, deren Geschichte kurz beleuchtet werden soll.
Die Geschichte des Gemeindegasthauses
Das Lokal vis-a-vis der Kirche wurde für lange Zeit als Gemeindewirtshaus geführt. Als Pächter vor 1919 ist Gastwirt Korger bekannt. Von 1919-1925 führten das Gasthaus Glaser Hermann und seine Frau Teresia Harczy. Dazwischen soll, leider konnte dies durch keine Aufzeichnungen belegt werden, das Gasthaus kurzzeitig von Bauer Matthias und Magdalena geführt worden sein.
In den Jahren 1926-1933 wurde das Gasthaus von Eder Josef und seiner Frau Anna (geb. Alfons) von der Gemeinde gepachtet. Sie zogen danach nach Ebreichsdorf um dort ein Lokal zu führen.
Franz Johann und Maria (geb. Kirchauer) folgten ihnen nach. Sie führten das Gasthaus von 1933 bis 1950 als Gastwirtschaft mit Fleischerei. Das Gasthaus war an sie von der Gemeinde verkauft worden, da Geld für die neue Volksschule benötigt worden war.
1951 wurde der Betrieb an Sohn Franz Johann und dessen Frau Anna (geb. Fromwald) übergeben. Auch sie hatten an den Gastbetrieb eine Fleischerei angeschlossen.
Von 1989-2014 wurde das Gasthaus von Gertrude Fieber, der Tochter von Franz Johann und Anna, und ihrem Mann Herbert Fieber weitergeführt. Sie schlossen die Fleischerei und bauten diesen Bereich des Gasthauses zu einem Café um.
2014 beschloss Gertrude Fieber ihr Gasthaus zu verkaufen und fand in Egon und Tamara Blümel Käufer für ihr Grundstück. Seit 2015 wird das ehemalige Gemeindegasthaus nun als „Schneiderei“ vom Ehepaar Blümel geführt. Sie ließen für ihr Lokal den vorderen Teil des ehemaligen Gasthauses Fieber abreißen und gestalteten den vormaligen Saal zu einem Restaurant um.
Gasthaus Bauer
1922 wurde das „Gasthaus zum lustigen Bauern“ vom Ehepaar Bauer Matthias und Magdalena (geb. Luckenberger) eröffnet. Sie pachteten, laut mündlichen Berichten, zwischenzeitlich auch das Gemeindegasthaus und führten dies für kurze Zeit.
1934 verstarb Mathias und Magdalena musste das Gasthaus alleine weiterführen. Sie übergab es schließlich ihrem Sohn Josef und dessen Frau Anna (geborene Alfons), die 1947 geheiratet hatten. Diese bauten das Gasthaus schließlich neu. Die 30 Meter breite Gassenfront dieses Baus besteht heute noch. 1966 erweiterten Josef und Anna ihr Gasthaus um eine vollautomatische Kegelbahn. Nachdem Josef 1970 verstorben war, übernahm schließlich sein Sohn Matthias nach dessen Heirat mit seiner Frau Edith (geb. Franz) 1974 den Betrieb. Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Umbauarbeiten vorgenommen und die Kegelbahn ein weiteres Mal modernisiert.
Heute ist das Gasthaus leider aufgrund fehlender Nachfolger geschlossen.
Gasthaus Liszt
Über die genaue Gründung des Gasthauses gibt es leider keine schriftlichen Beweise, jedoch ist bekannt, dass bereits Katharina (1828-1885) und ihr Ehemann Josef List (1825-1908) ein Gasthaus besaßen. Dieses wurde schließlich von Theresia (1866-1941) und Josef Liszt (1858-1914) (die veränderte Schreibweise des Nachnamens ist ab diesem Zeitpunkt bekannt) weitergeführt. Der Betrieb wurde danach an Barbara und Matthias Liszt übergeben. Im Innenhof des Gastbetriebes gab es bereits ein Kino, das von Ing. Herbert Staudigl und seiner Frau Magda, der Schwester von Matthias Liszt, geführt wurde. Das Gasthaus an der Leithabrücke war zu diesem Zeitpunkt auch das Grenzwirtshaus „Zum gemütlichen Jäger“, dessen Fremdenzimmer den ungarischen Zöllnern als Unterkunft diente.
Anna (1924-2004) und Matthias Liszt (1921-1994) betrieben Gasthof und Kino weiter und übergaben es schließlich ihrem Sohn Josef Liszt (1953) und seiner Frau Maria (1961). Josef und Maria beschlossen das Kino aufzugeben und errichteten stattdessen einen Veranstaltungssaal. Auch das Gasthaus wurde umgestaltet.
Seit 2014 wird der Betrieb von Sohn Bernhard Liszt und seiner Frau Theresia als Heurigenbetrieb mit Schwerpunkt auf Hochzeiten geführt. Das Heurigenlokal befindet sich nun im hinteren Bereich des Grundstücks. Das ursprüngliche Gasthaus wurde durch einen Neubau ersetzt, der nicht mehr als Gastbetrieb in Verwendung ist.
Restaurant des Mineralbades Lajta-Pordani
Im 19. Jahrhundert wurde beschlossen in Badehaus in Leithaprodersdorf zu errichten um die dortige Thermalquelle der Bevölkerung zur Benutzung zur Verfügung zu stellen. Dem Badehaus war auch eine Gaststätte zur Verköstigung der Badegäste angeschlossen. Zeitzeugen berichteten von jährlichen Tanzveranstaltungen und einer Kegelbahn, die auch von Dorfbewohnern besucht bzw. benutzt wurden.
Nach dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich blieb der Badebetrieb trotz Konkurrenz aus Deutsch-Altenburg und Baden aufrecht. 1937 wurde von fast 50 Fremdenbetten für Kurgäste und neuen Anwendungen berichtet. Diese Neuerungen sollten dem Bad eine noch größere Anziehungskraft geben. Kurgäste kamen zahlreich nach Leithaprodersdorf.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Bad, das noch im Besitz von Fürst Paul Esterhazy war, als „unbenutzt und vergessen“ bezeichnet. Im Jahr 1965 wurde das Bad schließlich verkauft.
In den letzten Jahren konnte in vielen österreichischen Gemeinden ein sogenanntes „Wirtshaussterben“ beobachtet werden, das auch vor Leithaprodersdorf leider nicht Halt gemacht hat. Auf die vielschichtigen Gründe dafür, soll hier jedoch nicht eingegangen werden.
Um Vereinen dennoch ein regelmäßiges Zusammentreffen und auch sonstige größere Veranstaltungen zu ermöglichen wurde eine Sport- und Kulturhalle von der Gemeinde errichtet. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn sich ein beherzter Wirt oder eine Wirtin finden würde, die bereit wären, einen Gasthausbetrieb zu eröffnen, denn nichts geht über die Gemütlichkeit eines traditionellen Wirtshauses.
Quellen:
Aufzeichnungen der erwähnten Familien
Chronik von Leopold Cecil
Gründungsstatut des Sparvereins Biene